- Kapitel 5 -

 

Heirat und Scheidung !

 

«Nicht schon wieder ! Tu mir das nicht an !» Johann Christian Heinrich Rosenplänter stieß einen langen Seufzer aus.

«Du mußt mir einfach noch einmal helfen, wir müssen meine ganzen Habseligkeiten einschließlich meines Bettes mitnehmen. Dann bringen wir alles zum Pastor, er hat mir schon ein Zimmer fertig gemacht.» Marie Elisabeth Rosenplänter sah ihren Bruder flehend an.

«Wenn mich dein gewalttätiger Mann erwischt liege ich für Wochen im Spital. Außerdem meinst du es wäre besser so ? Soll nicht lieber Pastor Hohbein noch einmal mit ihm sprechen ?» Johann Christian Heinrich blickte seiner Schwester tief in die von schwarzen Rändern umrahmten Augen. Sie sah so traurig aus. Wie ein verschrecktes und verängstigtes Reh.

«Na gut, ich sehe schon deinen Blick, dann las uns aber erst einmal einen Plan machen ! Ich schlage vor das wir uns Morgen um die gleiche Zeit wieder hier bei dir treffen. Ich bringe unseren Bruder Andreas Heinrich mit, der muß schmiere stehen und uns warnen falls dein Mann doch früher als gewöhnlich aus der Kneipe kommt. Dann schaffen wir als erstes dein Bett aus eurem gemeinsamen Schlafzimmer, bringen es in dein neues Domizil und dann holen wir die Kleinigkeiten. Ist das so in deinem Sinn?»

«Du bist wunderbar Bruder, was hälst du davon auch noch Christian Heinrich mit zu bringen, dann geht es mit dem Bett schneller und wir sind wieder früher zurück ?» Marie Elisabeth sah ihren Bruder fragend an.

«Gut, so machen wir es, also bis Morgen.» Johann Christian Heinrich schlang seine langen Arme um seine Schwester und verabschiedete sich von ihr.

«Also bis Morgen !» Marie Elisabeth konnte einige Tränen nicht unterdrücken.

 

Wie hatte es angefangen ?

Am 12.5.1816 heirateten Leineweber Christian Beulcke und Marie Elisabeth Rosenplänter. Sie brachte einen Brautschatz von 60 Thalern mit in die Ehe ein. Nur ein dreiviertel Jahr später warf Beulcke sie aus dem Haus und behielt die 60 Thaler. Seine Begründung; sie sei nicht weiblichen Geschlechts. (Weil sie nicht schwanger geworden war) Nach einer ärztlichen Untersuchung, die diese Behauptung als unbegründet erwies, wurde das Paar vom Konsistorium aufgefordert, wieder wie ein christliches Ehepaar zusammenzuleben.

 

Wie ging es weiter ?

Nach nur 12 Tagen jedoch floh Marie Elisabeth unter Mitnahme ihres Bettes mit der Hilfe ihrer Brüder. Sie nahm wieder eine Stelle als Aufwartefrau beim hiesigen Pastor Hohbein an. Diese Stelle hatte sie schon vor der Ehe mit Beulcke innegehabt.

 

 

 

 

 

 

Die erste Eheklage umfaßte 121 Aktennummern und verursachte beiden betroffenen Familien große Schwierigkeiten.

Wie aus einem Brief von Pastor Hohbein vom 16.2.1822 an das Konsistorium hervorgeht.

 

«Meiner Meinung nach kann beiden nicht besser geholfen werden, als wenn ihre eheliche Verbindung aufgehoben wird; denn eine glückliche oder auch nur erträgliche Ehe läßt sich bey ihnen nicht erwarten. Ich bin nie in dieser Sache befragt worden, sonst würde ich die Meinung mit den triftigsten Gründen unterstützt haben. Jetzt hat die Ehescheidungsklage 300 Taler gekostet, die Familien sind dadurch herunter gekommen, und es steht nicht nur noch so wie zu Anfange, sondern die ganze Sache ist auch der Sittlichkeit sehr nachtheilig gewesen. Sollten Ew. Hochwürden die Trennung dieser beiden Personen bewirken können, so bitte ich darum inständigst als gehorsamst. Ich bin überzeugt, daß nach Aufhebung dieser Ehe sich beide Familien wieder glücklich fühlen werden. Indem ich Ew. Hochwürden gehorsamst ersuche, von obiger Schilderung der Familie Beulcke wenigstens bey dem Manne keinen Gebrauch zu machen, weil ich sonst den schrecklichsten Verdruß zu erwarten haben würde.»

 

Schreiben des Pastors Hohbein vom 23.10.1823 an den Superintendenten in Göttingen.

 

«Ich bin fest überzeugt, daß diese Personen nie in einer glücklichen Ehe leben werden, und jeder Waker, der die Verhältnisse kennt, wird eben so fest davon überzeugt seyn. Außerdem ist durch die vielen Kosten, welche durch die frühere Klage wegen Ehescheidung veranlaßt wurden, ihr Vermögen sehr vermindert, und die Gemüther dadurch gegen einander noch mehr erbittert worden. Sollte die wieder begonnene Klage einen der ersten ähnlichen Gang nehmen, so glaube ich nicht, daß die dazu nöthigen Kosten nachmals bestritten werden können. Ich ersuche daher Ew. Hochwürden gehorsamst, diesen Personen die große Wohlthat zu erzeigen, ihre Scheidung bald möglichst zu bewirken.

 

«Auf deine gelungene Ehescheidung liebe Schwester, Prosit !» Johann Christian Heinrich umarmte seine Schwester. Und auch der Rest der Familie hob die Gläser und prostete Marie Elisabeth zu.

«Möge dieser verdammte Bastard endlich in der Hölle schmoren !»

 

 

Ende des fünften Kapitels

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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