- Kapitel 3 -

 

Machtwechsel !

 

Die prekäre finanzielle Situation der Familie von Uslar, die sie schon während der vergangenen Jahrzehnte genötigt hatte Waake immer mehr zu verpfänden, verschärfte sich so sehr, daß es im Mai 1700 dazu kam, daß das Gut an die adelige Familie von Wangenheim verkauft werden mußte. Im Zuge dieser Neuorganisation wurde Johann Andreas Rosenplenter, der Sohn von Hans Henrich Rosenplenter dem Kötner, am 12.6.1700 zum Mittelmüller bestellt. Die Mittelmühle im Tal der Aue liegend, hübsch eingerahmt von den naheliegenden Berghängen, war bereits vor dem Machtwechsel vom Mahlbetrieb auf den Bohrbetrieb umgestellt worden, dazu nun unsere kleine Geschichte.

 

Samstag, 9.4.1701

«Nur gut das unser Vorgänger die Mühle vom Mahlbetrieb auf Bohrbetrieb umgestellt hat, das erspart uns jetzt den Konkurrenzdruck durch die anderen Mühlen. Gestern Abend hat mir der Müller der Obermühle gesagt das er nur noch für 2 Tage Mahlwerk hat». Johann Andreas schaute seiner Frau beim Tischdecken erwartungsvoll zu. «Wir haben aber auch mittlerweile viel zu viele Mühlen. Die Arbeit reicht kaum noch für 3-4 Tage in der Woche. Viele Müller brauchen schon einen Zuerwerb.»

«Da du zur Zeit die einzige Bohrmühle hast kannst du ja zufrieden sein. Allerdings kommst du dadurch auch aus der Arbeit nicht mehr raus, Elisabeth schüttelte dabei den Kopf. Etwas mehr Zeit für die Familie wäre ja auch nicht schlecht, oder ?»

«Wie man es nimmt !» Johann Andreas war eigentlich ganz froh, so viel Arbeit zu haben, verdiente er doch dabei ordentliches Geld.

«So der Tisch ist gedeckt, sprich das Gebet.» Elisabeth war sehr gläubig erzogen worden und bestand auf Einhaltung der Gebetsfolge.

 

«Du mein Schutzgeist, Gottes Engel,

weiche, weiche nicht von mir !

Leite mich durchs Tal der Mängel

Bis hinauf, hinauf zu dir !

 

Laß mich stets auf diese Erde

Deiner Führung würdig sein,

daß ich stündlich besser werde,

nie ein Tag mich darf gereu'n.

 

Amen»

 

«Guten Appetit meine Liebe,» und Johann Andreas begann zu essen.

 

 

 

 

 

Elisabeth sah ihren Mann von der Seite an und sagte: « Dir ist schon klar das der Tod von Papst Innozens auch Auswirkungen auf uns Protestanten haben kann. Besonders wenn ein Nachfolger gewählt wird der zu den orthodoxen Katholiken gehört?»

Johann blieb fast der Bissen im Hals stecken als er seine Frau so sprechen hörte.

«Frau wir sind Protestanten und einen so fürchterlichen Glaubenskrieg wie wir ihn in der Vergangenheit hatten wird es so schnell nicht wieder geben. Es befindet sich doch alles im Aufbau, keiner hat Interesse an einem langen Krieg.» Johann Andreas schaute Elisabeth an, «von wem hast du das eigentlich?»

«Ja glaubst du denn ich könnte mir keine eigenen Gedanken machen?» Elisabeth schaute voller Entrüstung Johann Andreas an.

«Doch doch, aber irgendwie klinkt das wie der Pfaffe. Außerdem brauchen die Nachrichten aus Rom immer noch gut und gerne ein halbes Jahr bis sie zu uns vorgedrungen sind. Und wer sagt dir das nicht längst ein neuer Papst gewählt wurde?»

«Das heißt Pfarrer, und er war natürlich hier und hat mit mir über den Tod des alten Papstes und die neu Wahl des neuen Papstes gesprochen. Er ist ja der einzige der Zeit für mich hat.»

«Es war bestimmt auch die Frau von Schultheiß Ohnekost dabei, oder ?»

«Und wenn, was soll das heißen?»

«Nur so,» Johann Andreas schüttelte den Kopf. «Auf jeden Fall glaube ich auf gar keinen Fall daran, daß es noch einmal einen Religionskrieg zwischen Protestanten und Katholiken geben wird. Niemals!»

«Wäre es doch so,» Elisabeth schaute besorgt aber auch ärgerlich, Johann in die Augen.

Johann wechselte schnell das Thema.

«Vater sagte, Berent wollte rüberkommen, weißt du was davon?»

«Welchen Berent meinst du ? Elisabeth schaute Johann fragend an?»

«Nicht meinen Onkel, ich meine den Sohn von Kurt Rosenplänter

«Nein der war nicht hier, was will er denn?»

«Ich hatte nach einer Aushilfe gefragt und Vater hatte versprochen mir jemanden zu besorgen«. «Na dann nicht.»

«So, ich muß wieder in die Mühle, bis heute Abend.» Johann Andreas nickte seiner Frau zu und verließ das Haus.

In der Mühle angekommen ließ Johann, mit Hilfe von Wasser getriebenen Wellbäumen und Kammrädern, mit dem, in dem Trillis, festgemachten Bohrer einen großen Stamm durchbohren. Dieser würde dann später zu einer Wasser- oder Brunnenröhre weiterverarbeitet werden.

Johann Andreas arbeitete an diesem Tag bis 8 Uhr Abends, dann wurde das Licht zu dunkel. Er legte das Antriebsrad von der Welle ab und schloß dann die Mühle ordentlich zu.

 

 

 

 

 

 

Innozenz XII +27.9.1700

 

Sonntag, 10.4.1701.

Nach dem Kirchgang traf sich ein Teil der Familie bei Johann Andreas zum Bier.

«Die Predigt war ja wieder vom feinsten,» Johann Andreas grinste von einem Ohr zum anderen.

«Lästerst du wieder, der Pfarrer macht sich halt Sorgen,» Onkel Kurt konnte sich aber auch das Grinsen nicht ganz verkneifen.

«Ich versteh aber auch nicht was alle Pastoren so toll an Innozenz fanden. Gut, er hat laut unserem Pfarrer am 22.7.1692 die Bulle Romanum decet Pontificem ausgestellt, in der, der Nepotismus für alle Zeiten verboten wurde. Aber was ist das genau und warum sind die Protestanten dafür zu begeistern.« Ist es nicht so, das egal wo, überall der Nepotismus zu finden ist und auch immer zu finden sein wird?»

«Nun,» meinte Kurt, «da müßte man zuerst einmal feststellen was ist Nepotismus genau. Es heißt doch eigentlich, Vetternwirtschaft, also die ungerechtfertigte Bevorzugung von Verwandten bei der Verleihung öffentlicher Ämter.»

«Da siehst du es ja schon, warf Johann Andreas sofort ein. «Genau das passiert doch überall, im Adelsbereich noch viel stärker als je zuvor.»

«Das sind keine öffentlichen Ämter, hier ist Erbfolge im Spiel und natürlich Besitzrechte.»

«Na lassen wir die Diskussion darüber, sag wolltest du nicht deinen Sohn für einige Zeit bei mir unterbringen. Ich habe Arbeit genug. Die Mühle platzt vor Arbeit.»

«Du, das tut mir leid, dein Vater fragte mich auch schon, aber den Bub brauche ich selbst auf meinem Hof. So, ich denke ich mach mich auch auf den Heimweg, der Sonntagsbraten ist bestimmt bald auf dem Tisch.»

«Bis bald Onkel Kurt.»

«Ja bis dann Johann Andreas.»



Ende des dritten Kapitels

 

 

 

 

 

Der neue Papst wurde am 23.11.1700 als Klemens XI gewählt.


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